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  • AutorenbildJosef Frank

Dachziegel und Dachsteine brauchen keine Beschichtung

Das Dach ist der Schirm des Hauses. Dementsprechend ist die Hauptaufgabe einer Dachdeckung mit Dachziegeln oder Dachsteinen der Schutz des Gebäudeinneren vor Regen, Schnee oder sonstiger Feuchtigkeit. Wenn die Fachregeln des Dachdeckerhandwerks eingehalten sind, ist die Regensicherheit und damit die Schutzfunktion des Daches über Jahre und erfahrungsgemäß über Jahrzehnte gesichert.


Mit dem Dach und mit den Dachdeckungsprodukten, also der Form oder Farbe, lässt sich jedoch auch ein Haus gestalten. Die Form ändert sich nicht, die Farbe der Dachdeckungsprodukte unterliegt jedoch, wie alle Werkstoffe, die dem natürlichen Licht und der Bewitterung ausgesetzt sind, einer zeitlichen Veränderung. Alte Dächer, insbesondere bei denkmalgeschützten Gebäuden, beweisen häufig, dass mit zunehmendem Alter Dächer und Deckungen schöner werden.


Der Schönheitsbegriff ist jedoch relativ und manchmal ist ein Hausbesitzer mit der Farbe seines Daches oder seiner Deckwerkstoffe nicht mehr glücklich und überlegt, was er jetzt machen kann. In Zeitschriftenannoncen und manchmal auch auf Regionalmessen wird für das Beschichten von Dachziegeln und Dachsteinen geworben. Oft als Haustürgeschäft von dubiosen Firmen werden Beschichtungen der Dachflächen angeboten und dabei Erfolge versprochen, die schier unglaublich sind. Trotz eines guten Preises für die Beschichtung ist diese immer noch erheblich preiswerter als die Neudeckung und als Erfolg wird ein quasi neues Dach versprochen. Damit wird die Beschichtung für den Bauherrn interessant. Die Spezialisten für das Dach, nämlich die Hersteller von Dachziegeln und Dachsteinen und die Dachdecker, sind sich jedoch einig. Eine Beschichtung von Dachziegeln und Dachsteinen ist wenig sinnvoll und kann letztendlich mehr schaden als nutzen. Hierzu möchte die Dachdecker-Innung einige Argumente und Begründungen liefern.


Eine Beschichtung kann immer nur die Oberfläche eines Dachziegels oder eines Dachsteins erreichen. Die Überdeckungsbereiche, die Verfalzungen, also damit die an sich kritischen Bereiche und die für die Regensicherheit der Deckung maßgeblichen Teile des Daches können durch eine Beschichtung nicht erreicht werden und sind dementsprechend nach der Beschichtung noch genauso wie vor der Beschichtung. Das Ziegel- oder Dachsteindach besteht aus einer Vielzahl einzelner Elemente, die sich überlappen. Gerade dadurch wird die Regensicherheit gewährleistet. Ein Dichten der Fugen und Überlappungen durch ein Beschichtungsmittel ist nicht möglich, da durch Wind, Erschütterungen und sonstige Bewegungen sich die Fugen immer wieder verändern, öffnen und schließen. Außerdem ist eine vollständige Dichtung nicht erwünscht, denn jeder Ziegel oder Dachstein und auch die Lattung benötigen dauerndes Umströmen von Außenluft. Neben Be- und Entlüftungsöffnungen sind dabei gerade die vielen Überlappungsbereiche maßgebend für die Gewährleistung der Unterströmung.


Relativ dichte Beschichtungen verändern die bauphysikalische Funktionsweise eines Dachziegels oder Dachsteins wesentlich. Er wird weiterhin über die Überdeckungsbereiche und von der Unterseite her Feuchtigkeit aufnehmen, kann diese aber nicht mehr in ausreichendem Maße über die Oberfläche abgeben, so dass auf Dauer eine Feuchtigkeitsanreicherung auftritt, die letztendlich zu Schäden, z.B. Abplatzungen, führen kann. Die Frosttauglichkeit kann nachhaltig negativ beeinflusst werden und die Garantie, über die in den Garantieerklärungen der Hersteller zugesicherte Frostbeständigkeit erlischt.


Über die Dauerhaftigkeit einer Beschichtung ließe sich sicherlich streiten.


Sie kann jedoch niemals so gut und so lange halten, wie dies von der werkseitig aufgebrachten Oberfläche eines Dachziegels oder Dachsteins zu erwarten ist. Beschichtungen auf unsauberem Untergrund oder z.B. auf vermooster Oberfläche können nur sehr kurzhalten, was letztendlich dann zu einem noch fleckigeren Dach führen wird. Eine Abhilfe könnte die Reinigung der Oberfläche der Dachziegel- oder Dachsteindeckung sein. Dies wird dann üblicherweise mit Hochdruck und/oder Chemikalien durchgeführt. Diese Chemikalien laufen dann über die Dachentwässerung in die Kanalisation, bzw. werden z. B. bei Regenwassersammlung unmittelbar auf Pflanzen und Erdreichverteilt und gelangen so in den Trinkwasserkreislauf. Gleiches gilt auch für pestizide Bestandteile der Acrylatbeschichtungen, die durch den Regen aus der Beschichtung gewaschen werden können. Auch aus Umweltschutzgründen ist also sowohl von der chemischen Reinigung der Dachfläche als auch von ihrer Beschichtung dringend abzuraten.


Aber auch die Verwendung von Hochdruckwasserstrahlung ohne Chemie birgt Gefahren, da dabei Wasser durch die Überdeckungen und Fugen in das Innere des Gebäudes gedrückt werden kann. Die Deckung, die sich über Jahre „gesetzt” hat, wird an kritischen Stellen wieder geöffnet und kann dadurch in der Regensicherheit beeinträchtigt werden.


Beschädigte Dachziegel oder Dachsteine, also solche mit Rissen oder mit größeren Abplatzungen, lassen sich auch durch eine Beschichtung nicht verbessern. Der Riss wird irgendwann zum Abplatzen einer Ecke oder zum Zerbrechen des Dachziegels oder Dachsteins führen und die Abplatzungen werden eventuell sogar schneller weitergehen. Hier kann nur das Auswechseln der Dachziegel oder Dachsteine eine langfristige Verbesserung darstellen. Ein weiterer Negativaspekt von Beschichtungen ist die Beeinträchtigung des Brandschutzes. Denn in puncto Brandschutz gilt für Dachziegel und Dachsteine: nach einer Beschichtung mit einem Schichtgewicht von normalerweise mehr als 200 g/m² entfällt zum einen die Einstufung in Brandklasse A1 und eine neue Brandklasse A1 bis E ist durch Typprüfung nachzuweisen, zum anderen ist auch die Flugfeuerwiderstandsfähigkeit nicht mehr gegeben.


Der Aufwand für die Reinigung und Beschichtung einer Dachfläche ist nicht viel geringer als derjenige für die Neudeckung oder Umdeckung eines Daches, denn auch bei Beschichtungen müssen der Unfallschutz und damit die Unfallverhütungsvorschriften eingehalten werden. Häufig werden die Beschichtungen nur deshalb günstiger angeboten, weil auf die vorgeschriebenen Gerüste und sicheren Arbeitsplätze verzichtet wird. Unabhängig davon, dass die Firmeninhaber fahrlässig mit dem Leben und der Gesundheit ihrer Mitarbeiter umgehen, trifft auch den Auftraggeber immer eine Mitverantwortung.


Wenn aber sowieso ein Gerüst gestellt werden muss und man dann den zweifelhaften Erfolg einer Beschichtung sieht, dann kann jedem Hausbesitzer nur angeraten werden, entweder seine Dachdeckung direkt zu erneuern und damit eine Verbesserung des gesamten Erscheinungsbildes und der Funktionsfähigkeit des Daches herbeizuführen oder die Deckung weiterhin unangetastet liegen zu lassen, denn wenn sie funktionsfähig ist, wird sie sicherlich auch weiter-hin funktionsfähig bleiben.


Moosbildung, die eventuell in den Überdeckungsbereich wachsen kann, kann vom Dachdecker im Rahmen von Wartungs- und Pflegearbeiten abgehebelt und abgenommen werden. Moosbildung weist üblicherweise auf eine gesunde Umgebung hin, denn in Regionen mit starker Luftverschmutzung tritt eine Vermoosung nicht auf. Die Experten des Daches sind sich einig. Hochdruckreinigen und/oder Beschichten von Dachziegeln oder Dachsteinen ist nicht nötig und kaum dazu geeignet, eine Dachdeckung zu verbessern. Weitere Informationen kann Ihnen sicherlich objektbezogen der Dachdeckermeister Ihres Vertrauens geben oder wenden Sie sich an die zuständige Dachdecker-Innung, die Ihnen einen Experten aus den Mitgliedern der Innung benennen kann.



Zusammenfassend sprechen nachfolgend aufgeführte Punkte gegen eine Beschichtung von Dachziegeln und Dachsteinen:


1. Nach den einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften der BG Bau ist faktisch auch bei Beschichtungsarbeiten ein komplettes Arbeits- und Schutzgerüst, wie bei einer Dachsanierung auch, erforderlich.


2. Eine Beschichtung erreicht nur die sichtbare Oberfläche der Dachdeckung, aber nicht die überdeckten Falzbereiche.


3. Durch die Beschichtung werden die Fugen der Deckwerkstoffe verschlossen. Das Wasser kann nicht mehr über die Fälze auf die Mulden der darunterliegenden Dachziegel oder Dachsteine abgeleitet werden. Zudem wird die Unterströmung der Deckung unterbrochen, welche dem Windsog entgegenwirkt und bei der Berechnung der Klammern auch berechnet wird!


4. Die Diffusion wird durch die Beschichtung beeinträchtigt. Durch das Schließen der Fugen einerseits und das Beschichten von oben andererseits zufolge, reichen die meist unterdimensionierten Konterlatten- bzw. Hinterlüftungshöhen nicht aus, um den Deckwerkstoff auszutrocknen. Die Frosttauglichkeit wird stark beeinträchtigt.


5. Die mit Pestiziden enthaltenden Acrylatbeschichtungen werden durch den Regen ausgewaschen und gelangen über die Dachentwässerung in die Kanalisation bzw. werden z. B. bei Regenwassersammlung unmittelbar auf Pflanzen und Erdreichverteilt und gelangen so in den Trinkwasserkreislauf.


6. Die Verwendung von Hochdruckwasserstrahlung ohne Chemie birgt Gefahren, da dabei Wasser durch die Überdeckungen und Fugen in das Innere des Gebäudes gedrückt werden kann.


7. Bereits durch Risse beschädigte Dachziegel werden durch die Beschichtung nicht repariert. Die Risse führen zu Abplatzungen, beschädigen die Beschichtung und die Ziegel müssen trotzdem ausgewechselt werden.


8. Durch die Beschichtung verliert die Dachdeckung die Beständigkeit gegen Flugfeuer und strahlende Wärme. Die Einstufung in Brandklasse A1 ist nach der Beschichtung nicht mehr gegeben.


9. Nach den Fachregeln für Dachdeckungen mit Dachziegel und Dachsteinen sowie nach den Grundregeln des Dachdeckerhandwerks sind Dächer in regelmäßigen Wartungsintervallen zu prüfen. Dies bedeutet, dass u.a. bei Dächern ab dem 15. Jahr neben der Deckung auch die Befestigung und die Lattung alle 2 Jahre geprüft werden sollen. Eine Beschichtung von alten Dachdeckungen, ohne Prüfung der darunter liegenden Bauteilschichten stellt mithin einen Verstoß gegen die Sorgfalts- und Hinweispflicht gegenüber dem Eigentümer dar. Ferner verletzt der Eigentümer seine Obliegenheitsverpflichtung gegenüber Sachversicherern und Unbeteiligten.



Hinweis:

Der vorbeschriebene Text wurde zum Teil von einem Rundschreiben des ZVDH (Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks) übernommen und um einige Punkte ergänzt.

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